6. Januar 2020

Adventszeit ist Hangarzeit

Man kennt's: die ganze Woche lang scheint die Sonne, der Wetterbericht sagt schönste Bedingungen voraus... und dann sieht man morgens in Berlin nicht mal die gegenüberliegende Straßenseite, weil alles in einer dunkelgrauen Suppe liegt. Doch wer weiß, wie es draußen in Bienenfarm aussieht?

Der "Bienenkorb" im Dunst
Egal, Auto holen und einfach mal nach Spandau fahren durchschlagen, um den westlichen Himmel bei einem Kaffee zu beobachten. Nach einer halben Stunde bildete ich mir ein, etwas Blau hinter den Schleiern zu erkennen. Nach oben wurde die Sicht tatsächlich immer besser, aber die horizontale Sicht war nach wie vor katastrophal. Ein Krisentelefonat mit dem Fluglehrer ergab: wir fahren einfach trotzdem raus und warten auf die Sonne.

Die ließ allerdings auf sich warten. Also kümmerten wir uns noch ein wenig um den Flieger und schauten unter anderem mal unter die Cowling. Zugegeben: ich bin technisch und handwerklich ein absoluter Laie. Klar, wie ein Verbrennungsmotor grundsätzlich funktioniert und was die einzelnen Bauteile an einem Flugzeug machen - das kann ich mir alles mit Logik beibringen und verstehen. Soweit erfordert es ja auch die Theorie. Aber weder Beruf noch Hobby haben mir das praktische "Schrauben" bisher näher gebracht. Ist das ein Problem?
Für Otto Normal, so habe ich es schon in einigen Gesprächen zu hören bekommen, reicht es fürs Erste, sich mit dem "Soll-Zustand" gut auszukennen. Wenn alles so aussieht, riecht und klingt wie gelernt und / oder im Handbuch beschrieben wird, sollte das Gerät eigentlich flugklar sein. Auch der Profi baut nicht vor jedem Flug alles zur Inspektion auseinander. Wenn etwas komisch ist, kann man sehen, ob es wirklich eine ganz simple Ursache und Lösung dafür gibt, oder man holt sich eben Hilfe. Gerade wenn man noch keine eigene Maschine besitzt, sondern nur zeitweise chartert, hat man es da recht bequem. Andernfalls müsste man wohl etwas Geld in die Hand nehmen, hat evtl. einen Verein im Rücken oder man fragt befreundete Flieger. Mit der Zeit wächst man, ähnlich wie beim Auto, auch selbst in die ein oder anderen Wartungsthemen rein. Trotzdem ist es gut und immens wichtig, sich mit der Lage unter der Cowling einmal vertraut zu machen, eben um ein Auge und Gespür für diesen gewissen Soll-Zustand zu erhalten.

Hat mich da gerade Sonnenlicht geblendet? Tatsache: kurz vor Mittag zeigten sich endlich erste Löcher über dem Bienenfarm Airport. Ich hatte zwar nur noch eine dreiviertel Stunde Zeit, aber was muss das muss bekanntlich. Besonders, da ich schon seit fast vier Wochen nicht mehr im Cockpit gesessen hatte. Es dauerte leider noch eine ganze Weile, bis die Sicht, besonders durch beschlagene Scheiben bedingt, wirklich frei war, doch es reichte noch für vier Platzrunden zu zweit. Die ersten drei Landungen waren eher von der ruppigen Sorte. Learning: ein Monat Abstinenz kann das Feingefühl durchaus beeinträchtigen. Zu allem Übel sollte ich dann auch noch eine Notlandeübung bei bescheidener Schrägsicht vorturnen. Gelang ganz okay, auch wenn der von mir auserwählte Matschacker unserem Vogel wohl ein paar Federn gerupft hätte. Und die Landekunst? Bevor die nicht wiederhergestellt war, durfte ich eh nicht gehen. So war ich gezwungen, zum Abschluss nochmal schön weich die Wiese runterzuhopsen.


Den letzten Flug des mittlerweile vergangenen Jahres gibt es dann im nächsten Eintrag. Jetzt wünsch' ich euch erst mal ein frohes, gesundes und erfolgreiches 2020! Bis bald.

Lukas


23. Dezember 2019

Fünfecksflug entlang der Elbe

Nur Sichtflugwetter ist gutes Wetter!

Wenn es das Ende November schon einmal gibt und der Terminkalender sonst nichts dagegen hat, kann, nein: muss man schon mal einen ganzen Tag im Flugzeug verbringen. So war das auch eines Morgens, als es über Berlin nur grau und trüb war, sich aber ein Wolkenloch im Westen abzeichnete. Am Ende war es eine gute Entscheidung, der Hoffnung zu folgen und ein Auto bei getaround anzumieten. Auf der Fahrt ins Havelland wurde die Sicht nach vorne und oben immer klarer. Yeah!

Da mit dem Fluglehrer nichts Konkretes ausgemacht war, außer "wir könnten ja mal nach Stendal oder so", hatte ich mir zuvor noch die Anflugblätter, NOTAMs, Wetterinfo usw. von diversen möglichen Richtungen ausgedruckt, um ein bisschen Auswahl zu haben. Sky is the limit, aber auch der Sonnenuntergang: gegen 12 Uhr stand die D-MCIW durchgecheckt vor der Halle, doch da blieben nur noch vier Stunden Tageslicht übrig.

Dann mal anschnallen und los nach Stendal-Borstel (EDOV)! Der Platz war mir dem Namen nach schon bekannt: hier legen viele Flieger einen Tankstopp auf dem Weg zur Ostsee ein. Von Bienenfarm kommend besteht die einzige Herausforderung darin, das Beschränkungsgebiet EDR71 zu umfliegen und dem Zugverkehr nach Stendal zu folgen. Verfehlen konnte man den Platz dann auch nicht mit seinen knapp 2 Kilometern Betonbahn. Im Interesse des restlichen Platzrundenverkehrs und aus Skepsis gegenüber einer Gruppe autonom fahrender Autos, die nahe des Pistenanfangs Testfahrten unternahmen, nahm ich die Halbbahnmarkierung als Schwelle an und musste immer noch verdammt lange bis zum nächsten Rollweg tuckern. Ein kurzer Besuch beim Flugleiter und wenige Augenblicke später kündigte ich im Funk schon wieder das Rollen zur Startbahn an.

Das nächste Ziel lautete Magdeburg City (EDBM). Dem Fluginformationsdienst lauschend, ging es mit unerfreulichem Gegenwind und stark frontaler Sonneneinstrahlung ging die Elbe hinauf. Nach einer gefühlten Ewigkeit konnten wir die Stadt erspähen, dann in Zeitlupe an Dom und Bahnhof vorbeischweben und schließlich den Zielplatz von unserer Ankunft berichten. Vor Ort war allerdings die Hölle los. Eine Beechcraft King Air war auf dem Weg zum Start, zwei andere Ultraleichtflugzeuge befanden sich mit Flugschülern in der Platzrunde, wovon eines auch noch Ziellandeübungen über dem Platz ankündigte, und dann meldete sich noch ein Helikopter aus Süden. Wenigstens wurde ausgiebig gefunkt, sodass ich einigermaßen darüber bescheid wusste, wer sich wo befindet. Den Platz mittig überquerend sank ich schon mal auf Platzrundenhöhe und kurvte hinter dem anderen, nicht-ziellandenden UL ein. Von den anderen jedoch keine Spur und auf einmal waren alle aus der Sicht verschwunden. Der Schüler vor mir musste ein gutes Stück zu früh in den rechten Queranflug gegangen sein und die anderen waren wohl noch immer auf dem Weg zur Piste 09. Auf Anraten meines Meisters verlängerte ich den Gegenanflug um ein gutes Stück, um im Endanflug noch mehr Gewissheit zu haben. Es stellte sich heraus, dass sich der Heli tatsächlich noch ein paar Minuten hinter uns befand, die Ziellandeübung misslang und das ziemlich knapp dahinter landende UL Glück hatte, dass die Piste so automatisch frei wurde. Spannende Kiste und ein Beweis dafür, dass ausgiebige Positionsmeldungen auch in der x-ten Platzrunde noch extrem Sinn machen.

Nachdem im Magdeburger Turm die Kasse klingelte, ging es wieder auf die 09 und weiter entlang der Elbe nach Dessau (EDAD).
Die Elbe bei Aken

Der überregional bekannte Hugo Junkers-Flugplatz hat eine bemerkenswerte Platzrunde: krumm und schief geht es zwischen Stadtrand, Siedlungen vorbei, bis zur (auch hier) Piste 09, in deren Endanflug man noch kritisch knapp an einem Vogelschutzgebiet vorbeischrubben soll. Immerhin war an diesem Platz mal komplett tote Hose und so konnten wir auch direkt in den rechten Queranflug gehen. Diesmal ärgerte mich ein böiger Seitenwind und ich kam etwas zu hoch rein, setzte aber dennoch passabel auf und konnte mit einem ausladenden Bogen doch noch den einzigen Abrollweg an der Bahnmitte nehmen.
Am Boden war es sehr ruhig und mit einer leichten Herbstbrise in der Sonne sogar irgendwie idyllisch. Allerdings gab es keine Gastronomie, die einen längeren Aufenthalt gerechtfertigt hätte. Das wollten wir uns für die letzte Station des Tages aufheben: Oehna (EDBO).

Der Verkehrslandeplatz Oehna bei Zellendorf liegt - schmeichelhaft gesagt - mitten im Nichts. Aus Dessau kann man zwar noch weiter am Fluss entlang bis nach Wittenberg fliegen, doch dann verwirren nur noch unzählige Windräder, leere Felder und Wälder auf 12 Uhr. Hilft nur, sich bis zum letzten markanten Punkt zu navigieren und dann per Kompass die richtige Richtung anzupeilen. Allerdings war auch in Oehna verkehrstechnisch einiges geboten, sodass die Bewegungen in der Luft um den Platz schon von Weitem sichtbar waren. Die Türmerin empfahl mir wieder den direkten Queranflug auf die 08 und der Rest verlief reibungslos. Etwas hart fand ich den Preis von über 5€ für eine Schulungslandung dort in der Pampa. Die vorigen Landungen bewegten sich im Bereich von 2-3€. Allerdings könnte die Lage auch wiederum die Summe rechtfertigen, denn sonst ließe sich der Platz wohl kaum betreiben. Das Geld wert waren aber definitiv Kaffee und Kuchen im Erdgeschoss mit Sicht auf den startenden Verkehr in hübscher, ländlicher Kulisse.

Auf dem Rückflug hatten wir erwartungsgemäß die Zeit gegen uns. Sunset war um 15:20 UTC und ich setzte die "India Whiskey" genau drei Minuten zuvor wunderschön auf dem güllefreien Streifen der 12 in Bienenfam auf. Wenige Augenblicke später war es Nacht - verdammter Winter! Egal, ich hatte super viel Spaß auf diesem Fünfecksflug und konnte wieder einige Erfahrung und Flugstunden auf dem Weg zur eigenen Pilotenlizenz mit nach Hause nehmen. 😊

Auch im Dezember wackelten die Flügel noch ein paar Mal. Dazu bald mehr!

Lukas

22. Dezember 2019

Lost in Schönhagen

Hallo, ihr da draußen an den Geräten!

Mein Fliegerjahr 2019 ist noch längst nicht zuende erzählt. Deswegen gibt es heute einen von noch einigen Nachschlägen aus der Herbst- und Adventsfliegerei. 😊

Fremde Plätze anzufliegen ist und bleibt für Piloten und Pilotinnen jeder Erfahrungsstufe ein spannendes Unterfangen. Natürlich sollte jeder Flug vernünftig vorbereitet werden. Zugegebenermaßen beschäftige ich mich aber inzwischen nicht mehr oft mit der aktuellen Anflugkarte von Bienenfarm. Am Heimatplatz muss ich die Landebahn nicht mehr lange suchen und kenne die Merkmale der Platzrunde mehr als auswendig. Anders ist es, wenn man noch nie oder erst selten ein Ziel angeflogen hat: dann gilt es, so viele Informationen wie möglich aufzusaugen und später mit der Realität vor Augen abzugleichen. Solche Orientierungsaufgaben finde ich bei der Navigation eigentlich ganz reizvoll. Sie können im Zweifel aber auch zu erheblichem Stress führen, wie ich auf meinem Flug nach Schönhagen (EDAZ) gelernt habe.

Quelle: Google Maps
Schönhagen ist ein verhältnismäßig großer Verkehrslandeplatz im Süden von Berlin, der als einer von sehr wenigen unkontrollierten Plätzen sogar ein Instrumentenlandesystem besitzt und sich zu einem beliebten Business-Airport der Hauptstadt entwickelt hat. Entsprechend viel Verkehr trifft man hier zeitweise an. Zudem gibt es einige Anforderungen im Anflugverfahren: nordwestlich liegt ein großes Vogelschutzgebiet, beim Einflug in die südliche Platzrunde sollten die IFR-Anflugstrecken gemieden werden und viele weitere Punkte finden sich in einem eigenen Merkblatt auf der Homepage des Flugplatzes.

Auf Höhe von Beelitz, der Eisenbahn nach Süden folgend, konnte ich den Platz noch gut zu meiner Linken erkennen. Das Vogelschutzgebiet aussparend, kurvte ich aber erst mit einigem räumlichen Abstand in Richtung der Platzrunde und war bereits ordentlich tief. Das hatte zur Folge, dass ich Schönhagen, hinter einem kleinen bewaldeten Hügel gelegen, nach diesem Sinkflug aus den Augen verlor und mich in der sonst sehr leeren Landschaft absolut nicht mehr auskannte! 👀 Ich wünschte mir eine Computer-Stimme, die mir gesagt hätte, wo ich abbiegen sollte. Der einzige Referenzpunkt war aber die Stadt Luckenwalde, noch weiter im Süden an einem einsamen Windrad zu erkennen. Zur Sicherheit entschied ich, erst noch einmal in diese Richtung zu steigen, um den Überblick zurückzugewinnen. Doch dann meldete sich eine Cirrus SR 20 im Anflug, die dann auch plötzlich im rechten Seitenfenster in noch geringerer Höhe auftauchte. Der Pilot kannte sich offenbar besser aus. Folglich konnte ich mir den Weg nach Luckenwalde sparen, denn ich beobachtete den Weg der Einmotorigen, bis mir wieder klar war, wo sich der Gegenanflug zur Betriebspiste 25 befand! Das Learning des Tages: beim Anflug auf einen neuen Flugplatz sollte man sich erst mal einen genauen Überblick über die Gegebenheiten verschaffen und nicht gleich nach dem ersten, flüchtigen Sichtkontakt den Sinkflug einleiten. In dieser Situation hätte ich Schönhagen ruhig noch eine Weile aus komfortabler Höhe im Auge behalten können. 👆
Und am Boden? Schon cool, so ein etwas größeres Plätzchen zu besuchen und dann auch noch direkt neben einem Cessna Citation Jet einzuparken. Auf dem Rückweg warf dessen Besatzung sogar zeitgleich mit unserer C42 die Triebwerke an. Ich stahl mich zwar eine Minute früher von der Parkposition, doch es nützte nichts: der Privatjet nahm zu schnell die Verfolgung auf und es kam die Anfrage vom Flugleiter, ob ich das flottere Gerät nicht kurz überholen lassen könnte. Na gut, so war der Abflug des Schwergewichts nach München wenigstens noch aus nächster Nähe zu beobachten. 😎

Auch beim nächsten Mal geht um viele Eindrücke an fremden Plätzen. Bis dann!

Lukas