4. August 2019

Die erste Flugstunde

Bis zu 20 Knoten Seitenwind aus Nordost...


...bescherte uns die Wetterfee vorletzten Samstag auf dem Flugplatz Bienenfarm mit den Landerichtungen 12 (auf dem Kompass also 120°) und 30 (300°). Eigentlich ganz nett, wenn man gerade bei über 30°C Außentemperatur aus einem unklimatisierten Twingo gestiegen ist. Andererseits war ich ja an diesem Tag zum Fliegen da.

Vor der einzigen Flugzeughalle weit und breit stand sie auch schon: die weiße Comco Ikarus C42, Rufzeichen D-MCIW oder auch DELTA MIKE CHARLIE INDIA WHISKEY, die Schulungsmaschine. Um 10 Uhr Ortszeit wurden wir (meine Schwester wollte sich auch mal am Platz umsehen) dort herzlich vom Fluglehrer empfangen.


Die C42 hatte ich von außen schon einige Male begutachtet. Die einzelnen Vorflugchecks sind dann aber doch nochmal eine Spur detaillierter. Ich verlinke euch hier mal ein Beispiel einer Checkliste mit den gängigen Kontrollschritten. Irgendwann sollte ich das mal auswendig draufhaben, aber zu diesem Zeitpunkt konnte ich nur "Mhm"-machend hinter dem Fluglehrer herlaufen.

Los ging's. Mit circa 30 Litern Superbenzin im Tank hatten wir ausreichend Sprit für eine ausgiebige Schnupperrunde. Ich setzte mich erstmals in den kleinen Vogel und hatte tatsächlich einigermaßen Platz. Man muss dazu sagen, dass ich kein Sitzriese bin, sondern eher jemand mit (zu) langen Beinen. Aber es ging selbst mit Sitzpolstern ganz gut und ich hatte die Pedale für das Seitenruder und Bugrad allzeit unter den Sohlen. Mein Unterarm stritt sich noch mit einer Ausrüstungstasche in der Mittelkonsole um ein paar Zentimeter Freiraum, aber das wird man in Zukunft auch noch anders lösen können. Das Cockpit war mir aus Videos und Bildern bereits sehr vertraut. Temperaturanzeigen, Höhenmesser, Variometer, Libelle, Fahrtmesser, Drehzahlmesser, Kompass, usw. - easy. Wie ich später lernen sollte, ist es aber eine ganz andere Sache, im Flug auf die Schnelle alles mit Blicken und Händen wiederzufinden. Naja, es ist schließlich noch kein Pilot aus der Youtube-Cloud gefallen.
Bis zum Motorstart verlief wieder alles nach Checkliste und es konnte gemächlich zum Start gerollt werden. Was ich von Anfang an gemerkt habe: weder am Gashebel noch an den Rudern muss wirklich viel Kraft angewendet werden. Im Gegenteil: ein Zentimeter mehr Gas wurde schon in unerwartet viel Schub übersetzt, ebenso wie relativ leichte Tritte in die Pedale zum Rollen um die Kurven bereits völlig ausreichten.
Am Rollhalt der Piste 12 gab es noch einmal einen Rundumcheck, darunter auch der Magnetcheck: die meisten UL besitzen aus Sicherheitsgründen zwei Zündkreise, sodass der Motor auch bei Ausfall eines Zündkreises mit nahezu gleicher Leistung weiterlaufen kann. Vor dem Start werden also beide Zündkreise jeweils kurz alleine laufen gelassen und der leichte Leistungsabfall beobachtet.
Foto: Airman Fliegerschule
Ausrichten, nochmal umsehen, Vollgas! Ich war mit am Steuer, machte aber natürlich noch nicht so viel selbst, ebenso  wenig wie beim Sprechfunk. Die C42 war schon nach wenigen Sekunden in der Luft, schwebte über die Bahn und bei Steigfluggeschwindigkeit nahmen wir die Nase hoch. Vom Gefühl her ähnelte es eher dem Erlebnis in einem Fahrstuhl. Der Rotax-Motor zog uns steil nach oben und schon bald über die Platzrundenhöhe hinaus. Ich lerne als erstes, die Maschine auzuleveln, also per elektrischer Trimmung so einzustellen, dass das Flugzeug ohne manuelles Steuern entweder geradeaus, leicht nach oben oder leicht nach unten flog. Die oft beschriebene Überwindung, das Steuer einfach loszulassen, empfand ich als nicht sooo groß. Der Flieger will fliegen, solange er der Fluglage entsprechend schnell genug ist. Der Wind hatte bei der Flugrichtung anfangs noch ein Wörtchen mitzureden, aber das Wetter erlaubte uns einen Reiseflug auf 5000 Fuß (ca. 1500 m), wo die Luft dann absolut ruhig war und lediglich mit ein paar Schäfchenwolken geteilt werden musste. Ich konnte mich ausgiebig an den Rudern ausprobieren, ein paar Kurven fliegen und etwas navigieren. Über Stölln/Rhinow, dem legendären Flugplatz am Fuße des Versuchshügels von Otto Lilienthal und Heimat einer alten Interflug-Maschine, und Fehrbellin ging es in einem großen Dreieck wieder zurück auf Kurs zur Bienenfarm.

Den Platz findet man aus der Luft am besten der Eisenbahntrasse folgend. Auf diese steuerte ich lotrecht zu und kurvte anschließend in die Platzrunde, in der auch schon anderer Verkehr unterwegs war. Der Wind hatte uns im Sinkflug wieder empfangen und straffte die Windhose am Boden gnadenlos aus Nordost. "Gut gemacht", hörte ich, nachdem ich unaufgefordert zum Endanflug eingebogen war - eigentlich hatte der Wind aber den meisten Anteil daran. Ich sah schließlich dabei zu, wie der Fluglehrer den Endanflug bei starkem Seitenwind steuerte: Flügel in den Wind hängen, Seitenruder in die andere Richtung treten: so wird geradeaus geflogen und dem Wind gleichzeitig weniger Fläche geboten. Wir setzten kurz auf der 12 auf und starteten durch - noch eine Runde. Am meisten überforderte mich, auf alle Instrumente und das Geschehen draußen gleichzeitig zu achten. Da kriegt man gerade mal die richtige Drehzahl hin, schon rollt die Libelle in die Seiten, weil der Flieger total schief in der Luft hängt. Egal, es machte mega Spaß!

Die letzte Platzrunde und die anschließende Abschlusslandung verliefen ähnlich wie der erste Anflug, nur rollten wir diesmal aus und verließen die Bahn. Als der Motor ruckartig vor der Halle verstummte, merkte ich erst, wie anstrengend diese gute Stunde bei hoher Konzentration und all dem Input schon gewesen ist. Insgesamt war es aber ein richtig toller Tag und ich freue mich schon, wenn es nächste Woche hoffentlich weitergeht!

Bis dann,

Lukas

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen