14. August 2019

Fun in der Platzrunde

"Ja gut, dann üben wir gleich mal das Durchstarten."


Endanflug in Richtung 30 - die India Whiskey bewegt sich samt zweiköpfiger Besatzung über dem kleinen Waldstück an der Bienenfarm langsam abwärts. Da unsere C42 von einem Motor angetrieben wird, muss sie unmotorisierten Fluggeräten im Zweifel ausweichen, weil diese in der Regel nicht einfach Vollgas geben und es noch einmal versuchen können. So auch in dieser Situation: gerade hatten wir das UL auf die Bahn ausgerichtet, bog unverhofft ein Segelflieger aus seiner eigenen Platzrunde in den Queranflug und machte damit klar: es wäre gesünder für alle, wenn der Motorflieger die Landung abbricht. Das heißt: voller Schub - dabei aufpassen, dass die Nase nicht mit dem Drehmoment des Motors zur Seite hin abhaut -, Steigflug, Klappen rein, auf Platzrundenhöhe (hier 900 Fuß) ausleveln und noch einmal um den Platz herum.

Das war mein erster Landeversuch des Tages. Zuvor nutzten wir die Gelegenheit zu Beginn der zweiten Flugstunde, ein paar nette Fotos zu schießen. Eine Piper J-3 Cub war kurz vor uns zu einem kleinen Rundflug gestartet und brummte gemächlich über das Havelland. Obwohl die C42 eigentlich auch eine recht langsame Maschine ist, hatten wir sie schnell eingeholt und per Funk ein Manöver ausgemacht, das uns schräg hinter dem Oldtimer in der Luft platzierte.


Im Anschluss gab es ein paar Übungen für das Kurvenfliegen. Idealerweise kurvt man so, dass die Kurve nicht "schiebend" oder "schmierend" geflogen wird, also mit zu viel Seiten- oder Querruderausschlag. Dabei geht es darum, die Fliehkraft bei der Wende durch die richtige Schräglage des Flugzeugs auszugleichen. Das kennt man als Autofahrer: auch Autobahnen werden gerne mal in Schräglage gebaut, damit die Fliehkraft das Auto beim Rasen um die Kurve nicht zu stark nach außen zieht. Die Kurve fühlt sich dadurch "koordiniert" an. Genau das war das Ziel der Übung, wobei das Hauptaugenmerk auf dem entsprechenden Instrument, der Libelle, lag.

Dann also besagte Platzrunde, bei der ich das Anflugverfahren diesmal auch andersrum kennenlerne, denn beim letzten Mal wurde in die andere Richtung gelandet. Nach dem Durchstarten biegen wir vor dem Örtchen Paulinenaue nach rechts ab, Klappen auf 700 Fuß rein, Ausrichten bei 900 Fuß, passieren Eisenbahn und Wassergraben, fliegen diese dann entlang bis über die Pistenlänge hinaus, beginnen langsamer zu werden bis die Klappen wieder gesetzt werden können, sinken, drehen in den Queranflug, passieren wieder Wasser und Schienen, drehen in den Endanflug... und da wird es dann am spannendsten. Der Plan ist: aufsetzen und durchstarten. Idealerweise stimmt der Höhenabstand zu den Bäumen unter dem Fahrwerk und das Flugzeug fliegt direkt auf die Bahnmitte zu. Dann ist noch auf den Wind zu achten und ganz besonders auf die eigene Geschwindigkeit. Denn ist man zu schnell, will der Vogel schneller wieder abheben als geplant. Beim sogenannten Ausschweben fehlt mir aber noch das richtige Timing: schnell hochziehen, in letzter Sekunde noch wild herumrudern und den Flieger irgendwie aufs Gras setzen - wumms! Das Aufsetzen gehört definitiv zur unsanfteren Kategorie und die C42 springt schnell wieder von der Piste. Kurz muss ich an die (im wörtlichen Sinne) üble Geräuschkulisse in einer Boeing 747 der Lufthansa denken, die ich nach einer turbulenten Landung in Osaka einmal miterlebt hatte. Dann heißt es aber wieder: Vollgas und hoch die Nase.

Die nächste Landung hat der Fluglehrer etwas mehr im Griff und mir wird so langsam bewusst, dass das Rausgucken im Sichtflug auch bei der Landung einen erheblichen Anteil hat. So kann man sich beispielsweise den Blick auf den Höhenmesser in einem Hochdecker fast sparen, denn man sieht den Abstand zum Boden ja in der Regel ganz gut. In der vierten Runde soll es dann die Abschlusslandung geben. In der Luft habe ich mir die To-Dos der Platzrunde inzwischen einigermaßen gemerkt und mache schon einige Dinge unaufgefordert. Als die India Whiskey wieder über das Wäldchen gleitet, habe ich das Steuer auf einmal für mich - was ich zu dem Zeitpunkt aber gar nicht bemerke. Ein bisschen muss die Tragfläche in den Wind gehängt werden, ein bisschen geht es in Schlangenlinien auf die Schwelle der Piste 30 zu, aber auf wundersame Weise steht der Flieger am Ende tatsächlich gerade über der Bahn. Jetzt will der restliche Schwung wieder ausgeschwebt werden. Als die C42 sich spürbar senken will, ziehe ich das Steuer hoch und schon rollt die Kiste - zur leichten Überraschung aller Beteiligten (meiner am meisten) - fröhlich über den Rasen. In der Aufregung vergesse ich, das Ruder gezogen zu lassen und riskiere kurz, den Moment gleich wieder zu versauen. Aber der Flieger zuckelt brav weiter über's Grün. Wow, was für ein Lerneffekt!

Beim nächsten Mal wird man sehen, ob ich so ein Happy End auch reproduzieren kann. ;-)

Bis dahin!


Lukas





4. August 2019

Die erste Flugstunde

Bis zu 20 Knoten Seitenwind aus Nordost...


...bescherte uns die Wetterfee vorletzten Samstag auf dem Flugplatz Bienenfarm mit den Landerichtungen 12 (auf dem Kompass also 120°) und 30 (300°). Eigentlich ganz nett, wenn man gerade bei über 30°C Außentemperatur aus einem unklimatisierten Twingo gestiegen ist. Andererseits war ich ja an diesem Tag zum Fliegen da.

Vor der einzigen Flugzeughalle weit und breit stand sie auch schon: die weiße Comco Ikarus C42, Rufzeichen D-MCIW oder auch DELTA MIKE CHARLIE INDIA WHISKEY, die Schulungsmaschine. Um 10 Uhr Ortszeit wurden wir (meine Schwester wollte sich auch mal am Platz umsehen) dort herzlich vom Fluglehrer empfangen.


Die C42 hatte ich von außen schon einige Male begutachtet. Die einzelnen Vorflugchecks sind dann aber doch nochmal eine Spur detaillierter. Ich verlinke euch hier mal ein Beispiel einer Checkliste mit den gängigen Kontrollschritten. Irgendwann sollte ich das mal auswendig draufhaben, aber zu diesem Zeitpunkt konnte ich nur "Mhm"-machend hinter dem Fluglehrer herlaufen.

Los ging's. Mit circa 30 Litern Superbenzin im Tank hatten wir ausreichend Sprit für eine ausgiebige Schnupperrunde. Ich setzte mich erstmals in den kleinen Vogel und hatte tatsächlich einigermaßen Platz. Man muss dazu sagen, dass ich kein Sitzriese bin, sondern eher jemand mit (zu) langen Beinen. Aber es ging selbst mit Sitzpolstern ganz gut und ich hatte die Pedale für das Seitenruder und Bugrad allzeit unter den Sohlen. Mein Unterarm stritt sich noch mit einer Ausrüstungstasche in der Mittelkonsole um ein paar Zentimeter Freiraum, aber das wird man in Zukunft auch noch anders lösen können. Das Cockpit war mir aus Videos und Bildern bereits sehr vertraut. Temperaturanzeigen, Höhenmesser, Variometer, Libelle, Fahrtmesser, Drehzahlmesser, Kompass, usw. - easy. Wie ich später lernen sollte, ist es aber eine ganz andere Sache, im Flug auf die Schnelle alles mit Blicken und Händen wiederzufinden. Naja, es ist schließlich noch kein Pilot aus der Youtube-Cloud gefallen.
Bis zum Motorstart verlief wieder alles nach Checkliste und es konnte gemächlich zum Start gerollt werden. Was ich von Anfang an gemerkt habe: weder am Gashebel noch an den Rudern muss wirklich viel Kraft angewendet werden. Im Gegenteil: ein Zentimeter mehr Gas wurde schon in unerwartet viel Schub übersetzt, ebenso wie relativ leichte Tritte in die Pedale zum Rollen um die Kurven bereits völlig ausreichten.
Am Rollhalt der Piste 12 gab es noch einmal einen Rundumcheck, darunter auch der Magnetcheck: die meisten UL besitzen aus Sicherheitsgründen zwei Zündkreise, sodass der Motor auch bei Ausfall eines Zündkreises mit nahezu gleicher Leistung weiterlaufen kann. Vor dem Start werden also beide Zündkreise jeweils kurz alleine laufen gelassen und der leichte Leistungsabfall beobachtet.
Foto: Airman Fliegerschule
Ausrichten, nochmal umsehen, Vollgas! Ich war mit am Steuer, machte aber natürlich noch nicht so viel selbst, ebenso  wenig wie beim Sprechfunk. Die C42 war schon nach wenigen Sekunden in der Luft, schwebte über die Bahn und bei Steigfluggeschwindigkeit nahmen wir die Nase hoch. Vom Gefühl her ähnelte es eher dem Erlebnis in einem Fahrstuhl. Der Rotax-Motor zog uns steil nach oben und schon bald über die Platzrundenhöhe hinaus. Ich lerne als erstes, die Maschine auzuleveln, also per elektrischer Trimmung so einzustellen, dass das Flugzeug ohne manuelles Steuern entweder geradeaus, leicht nach oben oder leicht nach unten flog. Die oft beschriebene Überwindung, das Steuer einfach loszulassen, empfand ich als nicht sooo groß. Der Flieger will fliegen, solange er der Fluglage entsprechend schnell genug ist. Der Wind hatte bei der Flugrichtung anfangs noch ein Wörtchen mitzureden, aber das Wetter erlaubte uns einen Reiseflug auf 5000 Fuß (ca. 1500 m), wo die Luft dann absolut ruhig war und lediglich mit ein paar Schäfchenwolken geteilt werden musste. Ich konnte mich ausgiebig an den Rudern ausprobieren, ein paar Kurven fliegen und etwas navigieren. Über Stölln/Rhinow, dem legendären Flugplatz am Fuße des Versuchshügels von Otto Lilienthal und Heimat einer alten Interflug-Maschine, und Fehrbellin ging es in einem großen Dreieck wieder zurück auf Kurs zur Bienenfarm.

Den Platz findet man aus der Luft am besten der Eisenbahntrasse folgend. Auf diese steuerte ich lotrecht zu und kurvte anschließend in die Platzrunde, in der auch schon anderer Verkehr unterwegs war. Der Wind hatte uns im Sinkflug wieder empfangen und straffte die Windhose am Boden gnadenlos aus Nordost. "Gut gemacht", hörte ich, nachdem ich unaufgefordert zum Endanflug eingebogen war - eigentlich hatte der Wind aber den meisten Anteil daran. Ich sah schließlich dabei zu, wie der Fluglehrer den Endanflug bei starkem Seitenwind steuerte: Flügel in den Wind hängen, Seitenruder in die andere Richtung treten: so wird geradeaus geflogen und dem Wind gleichzeitig weniger Fläche geboten. Wir setzten kurz auf der 12 auf und starteten durch - noch eine Runde. Am meisten überforderte mich, auf alle Instrumente und das Geschehen draußen gleichzeitig zu achten. Da kriegt man gerade mal die richtige Drehzahl hin, schon rollt die Libelle in die Seiten, weil der Flieger total schief in der Luft hängt. Egal, es machte mega Spaß!

Die letzte Platzrunde und die anschließende Abschlusslandung verliefen ähnlich wie der erste Anflug, nur rollten wir diesmal aus und verließen die Bahn. Als der Motor ruckartig vor der Halle verstummte, merkte ich erst, wie anstrengend diese gute Stunde bei hoher Konzentration und all dem Input schon gewesen ist. Insgesamt war es aber ein richtig toller Tag und ich freue mich schon, wenn es nächste Woche hoffentlich weitergeht!

Bis dann,

Lukas

2. August 2019

Augen taugen, Blut gut - das Medical LAPL

"Essen Sie am besten eine Suppe vor dem Fliegen."


..., rät der Fliegerarzt, mir gegenüber sitzend, im Hinblick auf meine Kreislaufwerte. Kein Wunder, denn ich hatte etwas verschlafen und war dementsprechend müde und ohne Frühstück zum Doktor gefahren. Vielleicht nicht die beste Idee, wenn es darum geht, ein medizinisches Tauglichkeitszeugnis vom Luftfahrtbundesamt anzufordern. Denn dafür musste erst noch ein Spaziergang durch sämtliche Zimmer der Praxis unternommen werden, in denen jeweils verschiedene Gerätschaften und Aufgaben warteten

Zur Erstuntersuchung nach LAPL (das ist zwar eine andere Fluglizenzklasse als meine SPL, aber in diesem Fall die "einfachste" Untersuchung, die für das UL-Fliegen ausreichend ist) gibt es im Netz noch nicht besonders viele Erfahrungsberichte zu lesen. Deswegen erzähle ich euch heute mal, was da alles gemacht wurde.

Zunächst hatte ich am Vortag einen Termin beim Augenarzt. Bei der Erstuntersuchung muss nämlich ein Facharzt die Sehleistung bewerten, falls der Fliegerarzt nicht zufällig auch einer ist. Insgesamt habe ich gute zwei Stunden für alle Tests gebraucht, allerdings war dem Praxispersonal offenbar auch der genaue Ablauf der Untersuchung nicht ganz klar, weshalb es immer wieder zu Wartezeiten kam. Letztendlich gab es die üblichen Tests zu Sehschärfe (Vorlesen, Uhrzeit erkennen, etc.), Farbensehen, Sichtfeld, Sicht bei Gegenlicht, räumlichem Sehen (3D-Hologramme erkennen) und Netzhautablösung. Ich bin übrigens auch Brillenträger, was bei diesem Medical aber keine Rolle spielt. Die Beurteilung durch den Augenarzt fiel schließlich gut aus und konnte sorgenfrei dem Fliegerarzt vorgelegt werden.

Bei der Praxis Dr. Neumayer in Villenbach war ich für den Folgetag angemeldet. An besagtem Termin hatte ich es ja etwas zu gut mit der Snooze-Taste gemeint und kam gerade noch rechtzeitig an. Los ging es dann mit dem Ausfüllen einiger Formulare und einem EKG, dann folgten Puls-/Blutdruckmessung, Blutabnahme, Lungenfunktionstest, Hörtest, Urinprobe, Überprüfung der Reflexe und ein abschließendes Gespräch mit dem Arzt.
Nach neunzig Minuten war ich entlassen mit der Zusage, das Zeugnis bald zugeschickt zu bekommen, falls man im Labor nicht noch auf Drogen oder andere Problemquellen stoßen würde. Tatsächlich war der Lappen exakt sieben Tage später im Briefkasten - nice! Falls jemand auch aus dem Raum Augsburg kommt, kann ich die Untersuchung in Villenbach empfehlen, denn in dem kleinen Ort ist im Wartezimmer i.d.R. nicht viel los und es ging alles sehr routiniert und zügig vonstatten.

Kostenpunkt bei der Erstuntersuchung?
Augenarzt: 80€
Fliegerarzt: 220€

Happig? Joa. Aber immerhin: in meinem Alter (24) ist das Medical noch für fünf Jahre gültig und muss erst dann verlängert werden. Die Folgeuntersuchungen, so sagte man mir, gingen dann wesentlich flotter und günstiger über die Bühne. Wobei man sich den Besuch beim Augenarzt dann sogar sparen kann, falls sich an den Augen in der Zwischenzeit nicht irgendwas gravierend ändert.

Ich bin jetzt erst mal froh, dass es keine unerwarteten Überraschungen gab und ich mich mit der Tauglichkeit auch schon mal aus medizinischer Sicht für jegliche Alleinflüge bei der Ausbildung qualifiziert habe.

Bleibt auch ihr gesund! Bis bald,

Lukas